Eine Ära geht zu Ende…

Von | 23. Oktober 2022

Das Wärmekraftwerk „Hohe Wand“ wird verschwinden!

Das Wärmekraftwerk „Hohe Wand“ wurde am 17.10.1964 in Betrieb genommen (hier ein Link zur Neunkirchner Topothek mit Bildern zum Bau aus dem Jahr 1963). Es handelte sich um ein steinkohlegefeuertes Heizkraftwerk mit einem 120 Meter hohen Kamin und sollte mit Kohle aus dem Grünbacher Bergwerks-Stollen (siehe weiter unten) betrieben werden.

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Weil jedoch diese Stollen ein Jahr später geschlossen wurden, stellte man auf Öl- und Gasbetrieb um, die markanten Öl-Silos fassten bis zu 30.000 Tonnen Erdöl.

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Ab 1984 wurde nur mehr Gas zur Stromerzeugung verwendet, das Kraftwerk wurde 1987 stillgelegt.  Bis Mitte der 1990er-Jahre wurde das Kraftwerk sogar noch als Rückversicherung in Bereitschaft gehalten. Als damals jedoch immer mehr Wasserkraftwerke ihren Betrieb aufnahmen, wurde auch diese Bereitschafts-Haltung des Kraftwerks beendet. Mittlerweile mussten aus Sicherheitsgründen etliche Meter des Kamins abgetragen werden.

Das am selben Ort befindliche Umspannwerk Hohe Wand (UW HWA) wurde in den Jahren 2008 und 2009 erneuert bzw. ausgebaut und bis zum Jahr 2010 benutzt. Ebenso führt die im Jahr 2011 eröffnete Erdgashochdruckleitung „Südschiene“ von Gänserndorf über diesen Punkt bis auf den Semmering.

Einige Jahre lang diente das Kraftwerk auch als Übungsplatz für Cobra, Polizei und Feuerwehr.

Vor einigen Jahren hat die EVN am Gelände des Kraftwerkes eines der (zumindest damals) größten Langholzlager in Österreich errichtet. Hier wurden und werden die Hackschnitzel für die EVN-eigenen Hackschnitzelheizwerke (wie z.B. Mödling und Baden) produziert und per LKW verfrachtet.

Per Jahresbeginn 2023 nun soll dieses Kraftwerk dem Erdboden gleichgemacht werden. Auch das Wahrzeichen des gesamten Steinfeldgebietes – der mit den roten Blinklichtern versehene Turm – wird entfernt werden. 

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Das gesamte Kraftwerk soll ohne Sprengung – und selbst der große Schlot – maschinell per Roboter abgetragen werden. Die Kosten der Abrissarbeiten werden ca. 3 Mio. Euro betragen, die Arbeiten sollen bis Herbst 2023 abgeschlossen sein.

Das am Grundstück befindliche Biomasselager wird bestehen bleiben – dazu soll eine umfangreiche Photovoltaikanlage errichtet werden und ein 40 Meter hoher Handymast, der schon in Bau ist.

So geht im Jahr 2023 eine lange Geschichte dieses kaum in Verwendung befindlichen Kohlekraftwerks zu Ende – einziger Wehrmutstropfen wird sein, dass auch der neue „kleine“ Handymast („Turm“) mit einem rot blinkenden Licht ausgestattet wird, der dann eine kleine Ausgabe des alten großen Schlots sein wird.

Bilder in der Galerie freundlicherweise zur Verfügung gestellt von René Mersol, Peisching


Hier noch eine kleine Information am Rande zum Steinkohle-Abbau in Grünbach: In Höflein war nach dem Ende des Grünbacher Bergwerks bis 1967 das letzte Steinkohlenbergwerk Österreichs in Betrieb.

Im Zusammenhang mit den Bergbauaktivitäten im nahen Grünbach wurde auch in Höflein bereits im 19. Jahrhundert Kohlenbergbau betrieben. Bereits 1833 wurde das Magdalenen-Grubenfeld in Oberhöflein erschlossen und ab 1885 bestand durch den mehr als zwei Kilometer langen Erbstollen in Unterhöflein eine Verbindung zum Grünbacher Josefi-Schacht. Ein Erbstollen ist der tiefstgelegene Stollen eines Bergbaureviers und dient vornehmlich der Wasserhaltung, der Höfleiner Erbstollen wurde auch als Förderstollen verwendet.

1900 wurde in Unterhöflein eine Brikettfabrik mit Gleisanschluss zur Schneebergbahn errichtet, doch die geförderte Kohle eignete sich wenig zur Brikettherstellung. Im Zuge der Restrukturierung des Grünbacher Bergbaus mit der Errichtung des Neuschachts wurde mit der Auflassung des Erbstollens 1925 der Bergbau in Unterhöflein beendet.

In der Zeit der Kohleknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Untersuchungen über eine Wiederaufnahme des Bergbaus in Höflein durchgeführt und 1957 die „Hohe-Wand-Steinkohle Bergbauges. m. b. H.“ gegründet, die im Besitz der landeseigenen Gesellschaft „NIOGAS“, einem Vorgänger der EVN war. Die gesamte Kohle, die über den Johannesstollen in Oberhöflein zu Tage gefördert wurde, wurde ins Kraftwerk Peisching transportiert und dort verstromt.

Das Höfleiner Bergwerk wies wirtschaftlich einige besonders ungünstige Faktoren auf: So wurden die Kohleflöze nicht durch einen Schacht von oben her erschlossen, sondern waagrecht mittels eines Stollens, der erst das taube Gestein durchqueren musste. Dies führte zu höheren Förderkosten als in vergleichbar großen Betrieben. Die „Hohe-Wand-Steinkohle“ war für einen Bergbau ein relativ kleiner Betrieb mit im letzten vollständigen Betriebsjahr 1966 174 Mitarbeitern und einer Förderung von 20.497 Tonnen Reinkohle. Der gesamte Betrieb war allerdings für eine deutlich höhere Förderung von bis zu 60.000 Jahrestonnen konzipiert, wie auch die großzügigen Obertagesanlagen belegten, doch die ausgesprochen ungünstigen geologischen Verhältnisse der Lagerstätte ließen das nicht zu. So war der Kohlenbergbau in Höflein für die wenigen Jahre seines Bestandes nur deshalb lebensfähig, weil der Eigentümer NIOGAS einen deutlich über dem Marktpreis liegenden Preis für die geförderte Kohle zahlte. All dies führte zur Einstellung der Förderung am 15. September 1967 und der Liquidation des Bergbaubetriebs.

Einige Jahre später kaufte ein gewisser Udo Proksch die Einrichtung des Bergwerks zum Schrottpreis, deklarierte sie als Uranerzmühle, versicherte sie weit über dem Wert und verschiffte sie auf den Frachter „Lucona“, den er 1977 versenkte. Die „Lucona-Affäre“ sollte die österreichische Politik in den 1980er-Jahren prägen.

Quelle: Thomas Wohlmuth/NÖN Neunkirchen

Zu diesem ehemaligen Steinkohlebergbau in Grünbach gibt es in der Topothek Grünbach eine gute Fotoserie zum Thema „Neuschacht“ und „Segen Gottes„. 


Hier ein tolles Video von Johannes Schlögl vom Kraftwerk vor Beginn der Abbruch-Arbeiten.

Seit 2011 gibt es in der Nähe des bisherigen Kraftwerks (auch heute noch) einen Geocache, der bisher über 400 Besuche aufweisen kann, dort findet sich auch die erste Version dieses Beitrags.

Weitere Beiträge zu diesem Thema sind übrigens über den Tag Peisching zu finden…

3 Gedanken zu „Eine Ära geht zu Ende…

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